Inspiriert von einer Leserin, die mir Fragen zu meinem neuen Buch "V - Der Weg" stellte, möchte ich hier etwas aus dem Buch heraus picken und darüber berichten, da ich denke, dass das wichtig sein könnte. Ich schreibe eher selten darüber, da ich erst einmal eine ganze Weile gebraucht habe, um diese Veränderung selbst zu verstehen - und da ich auch das meiste in das Buch packe. Aber ich denke, momentan geht es vielen Menschen ähnlich wie mir und da sind solche Artikel vielleicht hilfreich.
Es geht um den Moment, der bei mir alles verändert hat. Der Moment, in dem mir das Ego abgesprungen ist und es geht um die Frage, wie es passiert ist. Viele haben sich genau diesen Moment als Ziel gesetzt und wünschen sich diese Befreiung vom Ego. Aber ich möchte gleich vorweg sagen, dass es kein ultimatives Rezept dafür gibt und dass dies nur meine Erfahrung ist und es nicht zwangsläufig auch bei anderen Menschen so passieren muss. Jeder geht einen individuellen Weg und bei jedem pasiert "es" auf andere Weise. Auch möchte ich sagen, dass man diese Befreiung vom Ego nicht "machen" kann. Es passiert einfach - meiner Meinung nach - als Folge verschiedener individueller Handlungen und als Folge eines Weges, den man einschlägt. Manche nennen es Gnade. Ich nenne es eine natürliche Reaktion und Entwicklung.
Jetzt aber zur Sache: Es gibt wie gesagt kein Rezept dafür. Und es hat bei mir auch nicht eine Sache dazu geführt. Das Ganze ging schon in meiner Kindheit los. Da habe ich angefangen das Leben, mich selbst und alles zu hinterfragen, was mir im Leben begegnet. (Das Hinterfragen ist denke ich ein Grundelement dieser Entwicklung) Ich habe nichts einfach so hingenommen, sondern wollte den Dingen immer auf den Grund gehen. Und das habe ich auch getan. Ich wollte ergründen, warum Menschen so reagieren, wie sie reagieren und habe sie bis ins tiefste und kleinste Detail analysiert. So konnte ich ihre Handlungen ergründen und verstehen und sah schon früh, dass sie von etwas getrieben werden, das verletzbar, vergänglich und regelrecht zerstörbar ist - das Ego. Ich habe also schon früh angefangen, dieses Ego als etwas zu sehen, das irgendwie wie eine Maske auf den Menschen sitzt und dass dahinter etwas Anderes liegen muss. Eine Wahrheit, die ich ebenfalls ergründen wollte. Denn ich habe auch Momente erlebt, in denen diese Maske nicht existierte und in denen Menschen von etwas anderem angetrieben waren. Etwas, das unzerstörbar war, unvergänglich, unverletzbar und geradezu undefinierbar. Etwas, das nicht in eine Schublade gepackt werden konnte und einem Interesse diente. Sondern etwas, das über alle Grenzen und Interessen hinaus ging. Dieses "Etwas" wollte ich finden und ergründen. Und ich wollte es so sehr, wie nichts Anderes. Ich wollte die Wahrheit. Und ich habe mich mit nichts Anderem zufrieden gegeben.
So begann ich schon als Kind Bücher zu lesen, durch die ich lernen konnte die Realität zu verstehen. Mein Wissensdurst führte mich zu zahlreichen Erkenntnissen über das Leben, über Menschen und über die Realität. Und mein Weg führte mich zu unglaublichen Erlebnissen und mystischen Erfahrungen, in denen ich einen kleinen Blick hinter den Vorhang der scheinbaren Wirklichkeit werfen konnte. So erlebte ich es zum Beispiel, dass ich die Realität "umschreiben" konnte. Da ich schon als Kind ein Schreiberling war und Geschichten schrieb, konnte ich Szenen entwerfen, die sich unmittelbar danach in der Realität abspielten. Und ich fand schließlich auch heraus, warum dies geschah. So entstand "Euphoria", weil ich feststellte, dass es mein "Zustand" war, der diese Szenen erschuf.
Durch das Schreiben von meinen Geschichten wurden die Erkenntnisse tiefer und veränderten mich grundlegend. Und als ich schließlich "One" schrieb (die "Herz"-Romane), war eine Art "point-of-no-return" erreicht. Die Erkenntnisse darin führten zu einer radikalen Veränderung meines Bewusstseins und meiner Sicht auf die Welt. In all diesen Jahren hatte ich unglaubliche Erlebnisse und mystische Erfahrungen, die ich hier nicht weiter ausführen möchte, da das den Rahmen sprengen würde. (Mehr dazu in "V - Der Weg") Aber all das hat schließlich zu dem Moment geführt, der dann eintrat. Jedes Erlebnis, jede Erkenntnis, also der gesamte Weg hat zu diesem Punkt geführt. Deswegen gibt es kein ultimatives Rezept. Es ist einfach ein Punkt, den man auf seinem individuellen Weg erreicht.
Und so passierte es: Ich las gerade das Buch "Das holographische Universum" (was sehr empfehlenswert ist). In diesem Buch geht es um das Wesen der Realität und darum, dass die Wirkweisen des Universums einem Hologramm gleichen. Es werden unglaubliche Fälle aufgeführt, die einem klar machen, dass jede Wahrheit - also alles, was wir als wahr annehmen - widerlegt werden kann. Und das war die Erkenntnis, die in diesem Moment in mir einschlug: Es gibt keine absolute Wahrheit!
Die Erkenntnis war so tief, dass sie mein ganzes Sein erschütterte. Und unmittelbar in diesem Moment sprang mein Ego ab. Es fiel einfach von mir ab, wie eine Maske, die keinen Halt mehr hatte. Der Halt beruhte auf der Annahme, dass es in dieser illusionären Welt irgendeine Wahrheit zu finden gab. Aber die gab es nicht. Es gab nichts, das eine absolute Wahrheit für sich beanspruchen konnte. Denn alles war widerlegbar, veränderbar, zerstörbar und sogar Naturgesetze konnten außer Kraft gesetzt werden. Alle Wahrheiten waren nur Varianten. Möglichkeiten. Wo war also die Wahrheit? Etwas, das veränderbar ist, kann keine Wahrheit sein. Mit dieser Erkenntnis kam auch die Wahrnehmung, dass mein Ego nicht wahr sein konnte. Das, was ich für mich hielt, war eine Maske. Und sie war in diesem Moment von mir abgefallen. Wie konnte sie also wahr sein? Es kam etwas zum Vorschein, das dahinter lag. Ein unendliches Gewahrsein, das nicht in Worte gefasst werden konnte und das nicht veränderbar, definierbar, zerstörbar oder verletzbar war. In diesem Moment erkannte ich mich selbst.
Die Wahrheit lag also hinter der Illusion. Was danach für ein Weg folgte, möchte ich hier auch nicht so genau beschreiben, denn das würde ebenfalls den Rahmen sprengen. Es geht mir nur darum, dass erkannt wird, dass nicht eine Sache zu diesem "Sprung" führt. Es ist der Weg ("V"). Und irgendwann passiert es einfach. Mit jeder Erkenntnis, die man auf seinem Weg macht, lockert sich das Ego immer mehr. Wie ein Zahn, der immer lockerer wird und irgendwann ausfällt. Irgendwann fällt auch das Ego aus. Es fällt runter, springt ab, zerfällt - wie man es auch benennen möchte. Das kann man - denke ich - nicht bewirken. Aber was sehr stark dazu führt, ist das Hinterfragen der "Wirklichkeit".
Alles, worüber ich zuvor geschrieben hatte ("Euphoria" und Co.) war eine Beschreibung gewesen, wie man diese "Wirklichkeit" verändert, bewegt, beeinflusst, wie sie beschaffen ist, wie sie funktioniert, was sie bewegt und steuert. Nun hatte ich diese "Wirklichkeit" als Illusion erkannt. Das war ein regelrechter Einschlag in meinem Weg, den ich erst mal verdauen musste. Das Verändern der "Wirklichkeit" war auf einmal nicht mehr wichtig. Es waren andere Dinge wichtiger geworden, Dinge, die dahinter lagen. Deshalb hatte es erstmal einen Stopp in meiner Schreibkarriere gegeben. Ich musste diese Sache erst verstehen, denn sie hat grundlegend alles verändert.
Viele schreiben, dass man nach dieser Erkenntis über das wahre Selbst, auch erkennt, dass man diese Realität nicht verändern kann. Dass sie einem einfach passiert. Das sehe ich nicht so. Ich bin - nachdem ich nun drei Jahre lang diesen Zustand analysiert habe - zu der Erkenntnis gekommen, dass wir hier sind um genau DAS zu tun: Zu Erschaffen. Das wahre Selbst bleibt davon stets unberührt, weil es dahinter liegt und zuschaut. Aber diese Welt ist unser Spielfeld und das Leben unser Spiel. Und nach wie vor ist "Euphoria" eine Spielanleitung dafür. Die Erkenntnis, dass es keine absolute Wahrheit gibt, ändert nichts an der Tatsache, dass wir uns eine Wahrheit nehmen können (wahr-nehmen), um diese Welt zu gestalten.
Eine Zeit lang habe ich kein Interesse daran gehabt, diese Realität zu gestalten, denn die Erkenntnis der Illusion hat für mich jedes Interesse ausgelöscht. In dieser Phase musste ich erst mal das wahre Wesen erkennen, das ich bin und vieles lösen/heilen, das der Illusion angehörte. Doch nach und nach kam das Bewusstsein zurück, dass diese Illusion unser Spiel ist und dass dieses Spiel unheimlichen Spaß machen kann.
Die Erkenntnis über das wahre Selbst löst den Schmerz auf. Denn die Identifikation mit dem Ego ist die Ursache von Leid. Wenn diese Identifikation aufhört, kann man in ein Leben einkehren, das frei von Leid ist. Und man kann beginnen, das Spiel viel freier zu spielen, als man es sich je vorstellen konnte.
In dem Artikel "Nebenwirkung von Euphoria" beschreibe ich, dass das Euphoria-Spiel zu diesem Sprung führen kann. Aber es führt einen dann auch durch diese Entwicklungsphase hindurch und danach ist es wieder das Spiel, mit dem wir die Wirklichkeit gestalten.
Aus dem Zen-Buddhismus kommt folgender Spruch:
Vor der Erleuchtung: Holz hacken und Wasser tragen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken und Wasser tragen.
Es ändert sich irgendwie nichts und doch ändert sich alles. Zuvor versucht man die Realität zu verändern, weil sie einem nicht gefällt. Danach hat man keinen Widerstand mehr gegen die Realität, aber man verändert sie dennoch. Nur dass es dann wirklich ein "Spiel" ist. Eine Illusion, die du beeinflussen kannst. Ein Film, den du schreiben und erleben kannst. Und dein wahres Selbst steht dahinter und guckt bei deinem Spiel zu. Ewig unbeeinflusst davon, unbeteiligt, unverletzbar, unzerstörbar, unendlich, grenzenlos und wahr. Und du erkennst, dass es aus nichts als aus Liebe besteht. Und diese Liebe ist so ganz anders, als es unser Verstand gedacht hat. So undefinierbar.
Diese Liebe ist dann das Einzige, das einen noch antreibt. Und wenn man sich von ihr führen lässt, erschafft man nichts als Liebe. Kein Begehren mehr, kein Wollen oder Sehnen. Es gibt nur noch einen Drang: Liebe geben. Liebe erschaffen. Liebe leben. Das ist alles.
Man stelle sich eine Welt vor, in der jeder so lebt.