
Warum sehen wir uns Filme an, lesen Bücher oder lauschen gebannt, wenn uns jemand eine spannende Geschichte erzählt? Weil wir alle eine Fähigkeit in uns haben, die in diesen Momenten zum Einsatz kommt: Empathie.
Diese Fähigkeit ermöglicht es uns, mitzufühlen und mitzuerleben, was in der Geschichte passiert. Mit jeder Geschichte, die wir uns ansehen, die wir lesen oder der wir lauschen, treten wir eine Reise an. Eine Abenteuerreise in neue Geschehnisse, Gefühle, Gedanken und Wahrnehmungen. Wir fühlen mit den Protragonisten mit, wenn sie ihre Abenteuer erleben und sind dadurch mitten drin im Geschehen. So, wie in "Die unendliche Geschichte" werden wir ein Teil davon - einfach nur, weil wir wahrnehmen, was geschieht. Aber das Erstaunlichste an unseren Abenteuerreisen im Geiste ist: Sie verändern uns!
Ob wir etwas im Geiste erleben oder in Wirklichkeit macht keinen großen Unterschied. Beide Erlebnisse haben Auswirkungen auf uns. Und je intensiver die Erlebnisse sind, umso stärker sind die Auswirkungen. Wenn Lucy in "Euphoria" aus ihren Depressionen zu einer Schöpferin aufsteigt, steigen wir mit ihr auf, weil wir genau nachvollziehen können, wie sie sich dabei fühlt. In uns allen steckt eine Lucy, die aus ihrem Opferdasein erwachen will. Und wir jubilieren, wenn sie es schafft, weil wir das Gefühl haben, als hätten wir es mit ihr zusammen getan! Und das haben wir tatsächlich. Wir sind den Weg mit ihr zusammen gegangen und haben uns mit ihr gemeinsam verändert.
Wir können alles über das Spiel der Götter lesen und es mit dem Verstand verstehen und nachvollziehen, warum es wirkt. Wir können begreifen, dass wir Herr unserer Gefühle sind und sie kontrollieren können - selbst in negativen Situationen. Doch es ist etwas ganz Anderes, es auch zu erleben und durch das Erleben zu lernen, wie man seine Gefühle unter Kontrolle bringt, wenn man in katastrophalen Umständen steckt oder einen die Emotionen wie ein Tornado innerlich verwüsten. So wie bei Lucy geschehen, können wir nachempfinden und miterleben, wie man wieder Herr seiner Gefühle wird. Wie wichtig Gefühle sind, kann man auch in Dieter Broer's neuem Artikel nachlesen: Menschliche Emotion formt die physikalische Realität
Wir lernen durch Erlebnisse. Wir können uns noch alle daran erinnern, wie schwer es uns gefallen ist, in der Schule trockene, sachliche Inhalte zu pauken. Doch im Spiel oder durch Erlebnisse - im Leben selbst! - lernten wir rasend schnell. In einem Abenteuer, in einer spannenden Situation, oder einfach in Momenten, in denen starke Emotionen im Spiel sind, saugen wir Informationen auf wie ein Schwamm. Denn starke Emotionen bedeuten, dass etwas Wichtiges passiert. Und dadurch ist unsere Aufmerksamkeit stark fokussiert. Ähnlich ist es, wenn wir überrascht sind. In diesen Momenten passiert etwas Neues, wodurch unser Gehirn automatisch auf "Lernmodus" schaltet und alle Eindrücke aufsaugt.
Wir lernen permanent. Doch am schnellsten und effektivsten lernen wir, wenn wir dabei fühlen bzw. erleben! Durch das Erleben sinken Erkenntnisse tiefer in uns ein, als wenn wir sie nur über den Verstand begreifen würden. Deshalb verändern uns Geschichten. Denn wir tauchen in eine Erlebniswelt ein, die wir nicht nur emotional wahrnehmen, sondern sogar mit all unseren Sinnen. Wir können uns vorstellen, wie sich wohl der Lumenische Kristall anfühlt, wenn wir ihn berühren. Wir haben den Duft Lumenias in der Nase, hören Taros donnernde Stimme oder sehen vor unserem geistigen Auge Nikolas' hellblaue Augen.
Bei einer knisternden, erotischen Liebesszene schlägt unser Herz schneller. Das kannst du direkt an dir selbst feststellen. Und wenn in einer solchen Szene auch noch eine tiefe Erkenntnis stattfindet, bleibt sie für immer in uns gespeichert. Eine Situation, die mit starken Gefühlen aufgeladen ist, bleibt hängen - mit all ihren Informationen. Warum sonst kannst du dich besonders gut an Szenen in deinem Leben erinnern, in denen du starken Emotionen ausgesetzt warst? Du weißt noch jedes Detail. Sogar die Gerüche hast du noch in der Nase.
Geschichten sind unheimlich wirksam, wenn es um Erkenntnisse geht. Wir können uns in die Protagonisten hineinversetzen und mitlernen. Wir können uns mit ihnen identifizieren und verbinden. Sie werden zu inneren Helden für uns, an denen wir uns ein wenig orientieren können - selbst, wenn sie nur fiktiv sind. Figuren aus Geschichten haben eine starke Wirkung auf uns.
Sie stärken uns mit ihrer inneren Kraft, leiten und motivieren uns mit ihrer Willensstärke und Zielstrebigkeit, faszinieren uns mit ihrem Selbstbewusstsein und stärken unser Mitgefühl und unsere Empathie, wenn sie leiden oder schwach sind. Auch wenn sie Helden sind, sind sie doch wie wir. Sie gehen ihren Weg, suchen Glück und Erfüllung, fallen und stehen wieder auf. Sie kämpfen und leiden und wollen doch nur eins: Glücklich sein. So wie wir. Und weil wir uns mit ihnen identifizieren können, sind sie wie Freunde. Sie lösen Gefühle in uns aus und wir fiebern und hoffen, lernen und wachsen mit ihnen. Sie verändern uns.
Jeder hat bestimmt eine Figur aus einem Film oder Buch, mit der er sich so sehr identifiziert hat, dass sie ihn/sie verändert hat. Die Geschichte, der Weg, den die Figur gegangen ist, hat Auswirkungen auf das wahre Leben gehabt. Es gibt wahrscheinlich niemanden, den es nicht mitreißt oder motiviert, wenn z.B. Rocky Balboa seine Trainingseinheiten vollzieht und im Hintergrund diese wahnsinns motivierende Musik läuft! Geschichten reißen uns mit, motivieren, inspirieren und verändern. Viele Leser haben mir geschrieben, dass die Geschichte rund um Miriam aus "Euphoria" sie tief berührt hat. Ihr Schicksalsschlag und wie sie aus der Dunkelheit der Depression und der Krankheit heraus gefunden hat, ist für viele Menschen eine Inspiration, weil es vielen Menschen ähnlich geht wie Miriam. Der stetige Kampf um ein bisschen Glück im Leben ist bei ihr genauso präsent, wie bei Lucy. Nur ihr Absturz ist ein gänzlich anderer.
Geschichten haben uns schon immer verändert. Sie haben schon immer zu Veränderungen in unserem Inneren beigetragen. Und deshalb messe ich meinen Geschichten so große Bedeutung bei. Denn sie vermitteln nicht nur Erkenntnisse, sondern - was viel wichtiger ist - Gefühle!! Denn die Gefühle und die Wahrnehmungen der Erlebnisse sind es, die die Erkenntnisse erst in uns entstehen lassen und einspeichern.
Ganz besonders in "One" sind die Emotionen sehr stark! Und die Erkenntnisse, die damit verknüpft sind, gehen sehr viel tiefer. Ich denke, es ist wichtig, dass wir die Polarität Gut/Böse auflösen, um in uns und der Welt Frieden zu finden. Denn Gewalt/Kampf gegen das vermeintlich Böse hat noch nie Frieden gebracht. Es ist wichtig zu verstehen, dass in der Geschichte "One" der Kampf gegen das Böse symbolisch für unseren eigenen Kampf gegen alles Negative steht. Mia verkörpert deshalb beide Pole in sich - nicht nur emotional, sondern auch körperlich, wie man an ihren unterschiedlichen Augenfarben sieht - weil beide Pole in Wirklichkeit Eins sind und nur durch unsere Trennung dieser Pole Leid verursacht wird.
Wir alle kennen diese beiden Seiten in uns. Auf der einen die Liebe und das Positive und auf der anderen das Negative, die Wut, der Hass, die tiefe Traurigkeit. Das alles sind sehr starke Gefühle und wir können uns in Mia so gut hineinfühlen, weil wir diese Gefühle kennen. Mias Weg zurück zur Einheit (One) führt auch uns zurück zu unserer eigenen Ganzheit, in der wir weder die eine Seite in uns anstreben noch die andere Seite ablehnen.
Das Fühlen ist der Grund, warum die CDs "Reise nach Lumenia" so gut wirken. Die Klänge vermitteln uns das Gefühl, als wären wir tatsächlich dort. Wir können die Vögel im Lumenischen Wald zwitschern hören und nehmen gleichzeitig den Duft des Waldes wahr, obwohl er gar nicht wirklich da ist. Wir erschaffen in diesen Momenten eine Realität für uns, die tatsächlich auf uns einwirkt. Du wirst dich nach einem Bad im Lumenischen See wie aufgeladen fühlen! Und das nur durch deine Vorstellungskraft.
Das Fühlen ist wirklich das Wichtigste. Und deshalb wirken Geschichten ganz anders auf uns, als Sachbücher. Sachbücher sind für den Verstand - Geschichten für den ganzen Rest von uns.